«Ja den Mut ?berhaupt, eine Frau zu nehmen, und insbesondere mich?» Sie hob den Pantoffel in die H?he. «Haben Sie sich so schnell mit diesem da befreundet? Aber Scherz beiseite. Wollen Sie mich wirklich heiraten?»
«Ja.»
«Nun, Severin, das ist eine ernste Geschichte. Ich glaube, dass Sie mich lieb haben. Und auch ich habe Sie lieb. Was noch besser ist, wir interessieren uns f?reinander. Es ist keine Gefahr, dass wir uns so bald langweilen. Aber Sie wissen, ich bin eine leichtsinnige Frau, und deshalb nehme ich die Ehe sehr ernst. Wenn ich Pflichten ?bernehme, so will ich sie auch erf?llen k?nnen.
Ich f?rchte aber – nein – es muss Ihnen wehe tun.»
«Ich bitte Sie, seien Sie ehrlich gegen mich», entgegnete ich.
«Also ehrlich gesprochen. Ich glaube nicht, dass ich einen Mann l?nger lieben kann – als —» sie neigte ihr K?pfchen anmutig zur Seite.
«Ein Jahr.»
«Wo denken Sie hin – einen Monat vielleicht.»
«Auch mich nicht?»
«Nun Sie – Sie vielleicht zwei.»
«Zwei Monate!» schrie ich auf.
«Zwei Monate, das ist sehr lange.»
«Madame, das ist mehr als antik.»
«Sehen Sie, Sie ertragen die Wahrheit nicht.»
Wanda ging durch das Zimmer, lehnte sich dann gegen den Kamin zur?ck und betrachtete mich, mit dem Arme auf dem Sims ruhend.
«Was soll ich also mit Ihnen anfangen?» begann sie wieder.
«Was Sie wollen», antwortete ich, «was Ihnen Vergn?gen macht.»
«Wie inkonsequent!» rief sie, «erst wollen Sie mich zur Frau und dann geben Sie sich mir zum Spielzeug.»
«Wanda – ich liebe Sie.»
«Da w?ren wir wieder dort, wo wir angefangen haben. Sie lieben mich und wollen mich zur Frau. Ich aber will keine neue Ehe schlie?en, weil ich an der Dauer meiner und Ihrer Gef?hle zweifle.»
«Wenn ich es aber mit Ihnen wagen will?» erwiderte ich.
«Dann kommt es noch darauf an, ob ich es mit Ihnen wagen will», sprach sie ruhig, «ich kann mir ganz gut denken, dass ich einem Mann f?r das Leben geh?re. Aber es m?sste ein voller Mann sein, ein Mann, der mir imponiert, der mich durch die Gewalt seines Wesens unterwirft. Verstehen Sie? Und jeder Mann – ich kenne das – wird, sobald er verliebt ist – schwach, biegsam, l?cherlich. Er wird sich in die Hand des Weibes geben, vor ihr auf den Knien liegen. Aber Sie sind mir so lieb, dass ich es mit Ihnen versuchen will.»
Ich st?rze zu ihren F??en.
«Mein Gott! da knien Sie schon», sprach sie sp?ttisch, «Sie fangen gut an», und als ich mich wieder erhoben habe, fuhr sie fort: «Ich gebe Ihnen ein Jahr Zeit, mich zu gewinnen, mich zu ?berzeugen, dass wir f?reinander passen, dass wir zusammen leben k?nnen. Gelingt Ihnen dies, dann bin ich Ihre Frau. Und dann, Severin, eine Frau, welche ihre Pflichten streng und gewissenhaft erf?llen wird. W?hrend dieses Jahres werden wir wie in einer Ehe leben —»
Mir stieg das Blut zu Kopfe.
Auch ihre Augen flammten pl?tzlich auf. – «Wir werden zusammenwohnen», fuhr sie fort, «alle unsere Gewohnheiten teilen, um zu sehen, ob wir uns ineinander finden k?nnen. Ich r?ume Ihnen alle Rechte eines Gatten, eines Anbeters, eines Freundes ein. Sind Sie damit zufrieden?»
«Ich muss wohl.»
«Sie m?ssen nicht.»
«Also ich will —»
«Vortrefflich. So spricht ein Mann. Da haben Sie meine Hand.»
Seit zehn Tagen war ich keine Stunde ohne sie, die N?chte ausgenommen. Ich durfte in ihre Augen sehen, ihre H?nde halten, ihren Reden lauschen, sie ?berall begleiten. Meine Liebe kommt mir wie ein tiefer, bodenloser Abgrund vor. Ich versinke immer mehr darin, aus dem mich jetzt schon nichts mehr retten kann.
Wir hatten uns heute Nachmittag auf der Wiese zu den F??en der Venusstatue gelagert. Ich pfl?ckte Blumen und warf sie in ihren Scho?. Sie band sie zu Kr?nzen. Wir haben damit unsere G?ttin geschm?ckt.
Pl?tzlich sah mich Wanda so eigent?mlich, so sinnverwirrend an, dass meine Leidenschaft gleich Flammen ?ber mich zusammenschlug. Meiner nicht mehr m?chtig, schlang ich meine Arme um sie und hing an ihren Lippen. Und sie – sie presste mich an ihre Brust.
«Sind Sie b?se?» fragte ich dann.
«Ich werde nie ?ber etwas b?se, was nat?rlich ist —» antwortete sie, «ich f?rchte nur, Sie leiden.»
«Oh, ich leide furchtbar.»
«Armer Freund», sie strich mir die wirren Haare aus der Stirne, «ich hoffe aber, nicht durch meine Schuld.»
«Nein —» antwortete ich – «und doch, meine Liebe zu Ihnen ist zu einer Art Wahnsinn geworden. Der Gedanke, dass ich Sie verlieren kann, ja vielleicht in der Tat verlieren soll, qu?lt mich Tag und Nacht.»
«Aber Sie besitzen mich ja noch gar nicht», sagte Wanda und sah mich wieder an mit jenem vibrierenden, feuchten, verzehrenden Blick. Der Blick hat mich einfach hingerissen. Dann erhob sie sich und legte mit ihren kleinen H?nden einen Kranz von blauen Anemonen auf das wei?e Lockenhaupt der Venus. Halb gegen meinen Willen schlang ich den Arm um ihren Leib.
«Ich kann nicht mehr sein ohne dich, du sch?nes Weib», sprach ich, «glaube mir, dies eine Mal nur glaube mir, es ist keine Phrase, keine Phantasie. Ich f?hle tief im Innersten, wie mein Leben mit deinem zusammenh?ngt. Wenn du dich von mir trennst, werde ich vergehen, zugrunde gehen.»
«Aber das wird ja gar nicht n?tig sein, denn ich liebe dich, Mann», sie nahm mich beim Kinn, «dummer Mann!»
«Aber du willst nur mein sein unter Bedingungen, w?hrend ich dir bedingungslos geh?re —»
«Das ist nicht gut, Severin», erwiderte sie beinahe erschreckt. «Kennen Sie mich denn noch nicht. Wollen Sie mich durchaus nicht kennenlernen? Ich bin gut, wenn man mich ernst und vern?nftig behandelt. Aber wenn man sich mir zu sehr hingibt, werde ich ?berm?tig —»
«Sei es denn, sei ?berm?tig, sei despotisch», rief ich in voller Exaltation, «nur sei mein, sei mein f?r immer.» Ich lag zu ihren F??en und umfasste ihre Knie.
«Das wird nicht gut enden, mein Freund», sprach sie ernst.
«Oh! es soll eben nie ein Ende nehmen», rief ich erregt, ja heftig, «nur der Tod soll uns trennen. Wenn du nicht mein sein kannst, ganz mein und f?r immer, so will ich dein Sklave sein, dir dienen, alles von dir dulden. Nur sto? mich nicht von dir.»
«Fassen Sie sich doch», sagte sie und k?sste mich auf die Stirne. «Ich bin Ihnen ja von Herzen gut, aber das ist nicht der Weg, mich zu erobern, mich festzuhalten.»
«Ich will ja alles, alles tun, was Sie wollen, nur Sie nie verlieren», rief ich, «nur das nicht, den Gedanken kann ich nicht mehr fassen.»
«Stehen Sie doch auf.»
Ich gehorchte.