Sie sagte: „Ryan, m?ssen wir das wirklich alles jetzt besprechen?“
Ryan schaute gedem?tigt und sagte: „Nein, nat?rlich nicht. Ich gehe uns mal was zu Abendessen machen.“
„Nein, ich mache das“, sagte Riley.
„Red‘ keinen Unsinn“, sagte Ryan. „Du musst dich ausruhen. Ich werde mich um alles k?mmern. Soll ich dir einen Drink machen?“
Riley nickte und Ryan ging in die K?che. Ein paar Minuten sp?ter kam er mit einem Glass Bourbon auf Eis zur?ck und stellte es auf den Kaffeetisch vor Riley ab. Dann kehrte er in die K?che zur?ck und klapperte dort rum, als er das Abendessen vorbereitete.
Riley w?nschte wirklich, er h?tte sie heute Abend kochen lassen. Sie brauchte irgendetwas, egal was, womit sie sich besch?ftigen konnte. Sie hatte wahrhafte Angst davor, den ganzen morgigen Tag frei zu haben.
Als sie so alleine auf der Couch sa? und an ihrem Bourbon nippte, sp?rte sie, wie eine Welle der Emotionen in ihr hochkam. Bevor sie wusste wie ihr geschah, fing sie an zu schluchzen. Sie versuchte so leise wie m?glich zu sein, sodass Ryan sie nicht h?ren w?rde und nicht zur?ckk?me, um zu versuchen sie zu tr?sten.
Sie wollte nicht getr?stet werden.
Das einzige was sie tun wollte, war weinen.
W?hrend ihres Fluges zur?ck nach Quantico hatte Agent Crivaro ihr immer und immer wieder gesagt, dass es in Ordnung war, zu weinen.
„Mach schon, lass es raus“, hatte er immer wieder gesagt.
Doch irgendwie war sie einfach nicht dazu in der Lage gewesen –– nicht bis jetzt. Und nun f?hle es sich gut an, einfach die Gef?hle aus sich heraussprudeln zu lassen, nach so einem langen, schrecklichen Tag. Sie weinte und weinte, bis sie sich ganz ausgelaugt f?hlte.
Als ihre Tr?nen aufgeh?rt hatten zu flie?en, dachte Riley sich, dass sie am besten sofort ins Bad gehen sollte und ihr Gesicht waschen, damit Ryan sie nicht so sehen w?rde. Doch bevor sie sich von der Couch erheben konnte, klingelte das Festnetztelefon.
Sie h?rte, wie Ryan ihr zurief: „Ich mach das schon.“
„Nein, ich mach’s“, rief sie zur?ck.
Sie war n?her am Telefon, als Ryan. Und selbst so eine triviale Aufgabe, wie das Telefon zu beantworten, f?hlte sich gerade gut an –– obgleich sie sich nicht vorstellen konnte, dass der Anruf von irgendjemanden stammen k?nnte, mit dem sie gerade Lust hatte zu reden.
Als sie den H?rer abnahm, h?rte sie eine vertraute Stimme.
„Hey, Kleine. Wie geht’s dir?“
Rileys Stimmung war pl?tzlich viel besser, als sie diese Stimme erkannte. Sie geh?rte ihrer Zimmernachbarin aus der Zeit an der Academy, Francine Dow.
„Frankie!“, stammelte sie ?berrascht. „Es –– es ist gut von dir zu h?ren!“
Riley hatte Frankie nicht gesehen, seitdem sie im Dezember ihren Abschluss gemacht hatten. Seither hatten sie nur einige Male telefoniert. Nach dem Abschluss war Frankie als Agentin dem DC Hauptquartier zugeordnet worden.
Mit besorgter Stimme sagte Frankie: „Mach schon, sprich mit mir.“
Riley war ?berrascht.
Sie stammelte: „Meinst du... du wei?t Bescheid...?“
„Ja, ich wei?, was passiert ist. Und du wirst nie glauben, wie ich es erfahren habe. Ich habe einen Anruf von Spezialagent Jake Crivaro selbst bekommen. Er sagte, dass er sich Sorgen um dich machte. Er sagte, dass du vielleicht mit einer Freundin reden m?sstest.“
Riley l?chelte, als sie den verehrenden Unterton in Frankies Stimme h?rte. Obwohl Riley es nicht gewusst hatte, als Agent Crivaro erstmals ein Interesse an ihren einzigartigen F?higkeiten gezeigt hatte, hatte sie seitdem feststellen m?ssen, dass er eine Art lebende Legende am FBI war. Frankie kam anscheinend nicht ?ber ihre Verbl?ffung hinweg, dass Riley nun seine Vollzeitpartnerin war.
Einen Anruf von ihm zu erhalten, musste f?r Frankie unglaublich gewesen sein, dachte Riley.
Frankie sagte: „Na, wie f?hlst du dich?“
„Nicht gut“, sagte Riley seufzend. „Ich nehme an, ich habe immer gewusst... dass ich eines Tage so etwas tun m?sste. Aber ich hatte keine Ahnung, wie schlecht es sich anf?hlen w?rde.“
„Naja, ich habe mich gefragt, ob du vielleicht Lust h?ttest dich zu treffen und ein bisschen Dampf abzulassen“, sagte Frankie.
Riley sp?rte eine Welle der Dankbarkeit.
„Oh, das w?re wundervoll, Frankie“, sagte sie. „Ich habe morgen frei. Wie w?re es, wenn wir zusammen zu Mittag essen?“
„Klingt super“, sagte Frankie.
Nachdem sie sich verabredet und aufgelegt hatten, stand Riley da und starrte das Telefon in ihrer Hand an. Sie begann auf einmal etwas zu begreifen.
Agent Crivaro hat Frankie kontaktiert.
Er hat sie wegen mir angerufen.
Es war eine ?berraschende und unglaublich aufmerksame Geste und Riley war zutiefst ger?hrt von der F?rsorge ihres Mentors. Und die Verabredung mit Frankie morgen gab ihr etwas, worauf sie sich nach solch einem schrecklichen Tag heute freuen konnte.
Sie f?hlte sich pl?tzlich viel besser und ging in die K?che.
Sie dachte: Ich werde Ryan mit den Abendessen helfen, ob er es will oder nicht.
Der heutige Tag war schlimmer gewesen, als sie es sich jemals h?tte vorstellen k?nnen. Aber sie hatte Freunde, die ihr da durch halfen. Vielleicht w?rde es morgen einfacher sein. Schlie?lich k?nnte wohl kein Albtraum schlimmer sein, als der, den sie gerade erlebt hatte.
KAPITEL DREI
Kurz vor Mittag des n?chsten Tages verlie? Riley das Haus und wartete darauf, dass Frankie sie zum Mittagessen abholte. Sie fragte sich, ob sie wirklich in der Lage sein w?rde mit ihrer Studienfreundin dar?ber zu sprechen, was gestern geschehen war. Ryan war wie sonst auch zur Arbeit gefahren, froh ?ber die Gelegenheit ausnahmsweise Mal das Auto zu nehmen. Also hatte Riley ausgeschlafen und sich einen faulen Morgen gemacht.
Bald schon fuhr Frankie in ihrem alten Pickup-Truck vor und Riley stieg ein. Sie merkte, dass sie sich freute die kr?ftigen Gesichtsz?ge und das rostfarbene Haar ihrer Freundin zu sehen. Sie sagte sich, dass dies definitiv ein besserer Tag sein w?rde.
Frankie fuhr sie zu ihrem bevorzugten Mittagslokal in DC, Tiffin’s Grub & Pub. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch und bestellten beide Tunfischsandwiches. Dann tranken sie Kaffee und tauschten sich ein wenig ?ber Kleinigkeiten aus, w?hrend sie das Thema von Rileys erster T?tung im Einsatz umgingen.
Vielleicht kommen wir gar nicht dazu, dar?ber zu sprechen, dachte Riley.
Wenn es so k?me, w?re es f?r sie in Ordnung. Einfach ein wenig Zeit mit Frankie zu verbringen, w?rde schon genug sein, um ihre Laune betr?chtlich zu heben. In der Zwischenzeit hatten sie und ihre Freundin viel nachzuholen.
Frankie sagte: „Ich habe geh?rt, du hast drei weitere F?lle gehabt, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Das ist ziemlich eindrucksvoll. Es hei?t, du w?rst ein echtes Wunderkind –– der n?chste Jake Crivaro, sagt man.“
Riley err?tete bei diesen Worten, von denen sie wusste, dass sie hohes Lob bedeuteten.
„Ich muss noch vieles lernen“, sagte sie. „Wie ist denn dein Leben hier in DC? Wie gef?llt es dir eine FBI Agentin zu sein?“
Frankie verzog die Miene und seufzte.